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Marguerite Duras. Die Schwester der Meere

Die Duras. Das Meer. – Unbarmherzig, gewaltig, kalt; romantisch, heimatlos, mysteriös. Die eine wie das andere? In dem Buch „Marguerite Duras – Die Schwester der Meere“ wird nicht nur das Leben dieser weltberühmten Autorin und Regisseurin erzählt, es wird auch in eine Beziehung zum Meer gesetzt. Anfangs erscheint das etwas gewollt, am Ende aber natürlich. „Das Meer als Kraft in jedwedem Sinn: die lebendige, brutale, sanfte, schöne und tödliche Kraft, alles steckt darin.“ Das notierte sie, gegen Ende ihres Lebens, in Trouville oder irgendwo dort an der Küste des Ärmelkanals, und der Autor Jens Rosteck fügt hinzu: „Ihm (dem Meer) fühlt sie sich, was seine Unersättlichkeit betrifft, seine Maßlosigkeit und sein Insistieren, wesensverwandt: „Mehr als alles“ fordert es von ihr ein. Auf dieselbe unbarmherzige Weise, wie Marguerite den Menschen in ihrem Dasein und den Texten, die sie sich abgerungen hat, viel – womöglich zu viel – abverlangte. „Mehr als alles, was ich gesehen habe. Mehr als alles, was ich gelesen habe. Mehr als alles, was ich habe. Mehr als alles.“ Nur der Ozean ist ihr ebenbürtig.“

Marguerite Duras, eigentlich Donnadieu, wurde 1914 als Tochter eines Lehrerehepaares in der damaligen französischen Kolonie Indochina geboren, dem heutigen Vietnam und Kambodscha. Das Schicksal meinte es nicht gut mit der Familie, der Vater starb früh und die Mutter scheiterte fast bei dem Versuch, ihre drei Kinder unter erschwerten Bedingungen durchzubringen. Als 17-jährige, im Jahre 1932, ging Marguerite nach Frankreich, aber sie blieb dort zunächst fremd, ebenso wie sie auch schon in Indochina eher eine Fremde war, weder zu der Oberschicht der französischen Kolonialisten zugehörig, noch zu den Einheimischen, denen sie sich aber als Kind deutlich mehr hinzugezogen fühlt und große Teile ihre Kindheit eher im Dschungel verbringt, als im Haus. Ganz ähnlich übrigens wie der 11 Jahre später in Hanoi, Indochina, geborene Bernard Moitessier.

So wächst Marguerite heran, immer die Außenseiterin, aber auch schon immer exzessiv und radikal. In Frankreich studiert sie Mathematik, Politik und Jura, beginnt aber vor allem auch zu schreiben. Während des Krieges schließt sie sich einer Résistance-Gruppe an, zu der auch der spätere Staatspräsident Francois Mitterrand gehörte. 1950 erst wird sie als Schriftstellerin bekannt, mit ihrem zweiten Buch „Un barrage contre le Pacifique“ in dem sie traumatische Erlebnisse – die Mutter scheitert bei dem Versuch, eine Reisfarm anzulegen und treibt die Familie fast in den finanziellen Ruin – aus ihrer Jugend in Indochina verarbeitet. Das ist typisch für ihr weiteres Werk; immer bedient sie sich mit ihren Themen und Figuren aus ihrer eigenen Biografie, die dadurch jedoch auch immer wieder von ihr selbst „umgeschrieben“ wird. Sie selbst lebt exzessiv und schreibt auch so, ihre Filme sind avantgardistische Werke eines frühen Autorenkinos, mit denen Kritiker und Publikum zuweilen nur wenig anfangen können. Geradezu erschütternd ist ihr Roman „Schmerz“, erschienen 1985, über die Kriegsjahre und das Schicksal ihres Ehemannes Robert Antelme, einem von zwei Männern mit denen sie in einer glücklichen Dreierbeziehung lebt, der aber kurz nach der Hochzeit 1939 an die Front geschickt wird und dann in die Hände der deutschen Gestapo gerät und als politischer Gefangener in verschiedene Konzentrationslager gesperrt wird, wo er die Hölle auf Erden durchmacht: Duras’ Buch zitiert den inneren Monolog der Ich-Erzählerin, in dem sich auch die allerdunkelsten Seiten ihrer Seele offenbaren, während des zermürbenden Wartens auf eine Nachricht, ein Lebenszeichen von ihm. Erst nach Kriegsende kehr Robert zurück, ein zerbrochener Mensch, noch weniger als ein Schatten seiner selbst, seelisch und körperlich zutiefst versehrt.

Jens Rosteck schafft es in diesem Buch, aus dem Leben und Werk dieser einzigartigen Frau emphatisch, aber auch kritisch zu erzählen und „die Duras“, sofern das überhaupt möglich ist, begreifbar, verständlich zu machen. Ein großartiges Buch über eine ebensolche Frau, das Lust darauf macht, sich mit ihrem Werk näher zu beschäftigen. Ach ja, und das auch das Meer nicht außer acht lässt. „Das Meer betrachten heißt alles sehen“.


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